Beim Fahrsport handelt es sich um eine traditionelle Form des Pferdesports, welche sich großer Beliebtheit erfreut. Im weitesten Sinne geht es darum, eine Kutsche oder einen Wagen zu fahren, wobei es zwischen verschiedenen Anspannungsarten und Disziplinen zu unterscheiden gilt. Der Fahrer sitzt in der Kutsche, die von Pferden gezogen wird. Diese lenkt der Kutscher mit sehr langen Zügeln, den sogenannten Leinen. In diesem Beitrag erfährst du alles über die Geschichte des Fahrsports, die Disziplinen, welche Anspannungsarten möglich sind und wie ein Fahrpferd ausgebildet wird. Zudem kannst du dir einen Überblick über die Ausrüstung für den Fahrsport verschaffen.
Geschichte
Vor mehreren tausend Jahren, als es noch keine Autos gab, war die Kutsche das bequemste und schnellste Fortbewegungsmittel. Vorteilhaft war dies vor allem auch, um schwere Lasten von A nach B zu transportieren. Hierbei wurde das Pferd nicht nur vor einen Wagen gespannt, sondern auch das Ziehen gefällter Bäume oder eines Pfluges hat sich in der Land- und Forstwirtschaft besonders bewährt.
Als die Pferdekutschen aufgrund der Industrialisierung und der damit einhergehenden Motorisierung durch Autos ersetzt wurden, verloren die meisten Pferde ihren Nutzen als Lasttiere. Ab diesem Zeitpunkt wurden die Tiere nicht mehr aus arbeitsdienlichen Gründen vor Kutschen und Wägen gespannt, sondern um den Menschen einen angenehmen Zeitvertreib zu bieten. So entwickelte sich der Fahrsport, wie wir ihn heute kennen.
Fahrwettbewerbe wurden damals nur zum Vergnügen veranstaltet und es durften lediglich die privilegierten Schichten daran teilnehmen. Die ersten Fahrprüfungen fanden im Jahr 1925 auf einem Turnier in Aachen statt. 44 Jahre später wurde die Disziplin von der FEI (Fédération Equestre Internationale) anerkannt und im Jahr darauf richtete die Schweiz das erste europäische Fahrturnier mit offiziellem Regelwerk aus. 1972 wurden die ersten Weltmeisterschaften für Vierspänner abgehalten.
Eine wichtige Person, die den deutschen Fahrsport revolutioniert hat, ist Benno von Achenbach. Sein Ziel war es, pferdeschonend und sicher zu fahren, wodurch Anfang des 20. Jahrhunderts die Achenbachsche Fahrweise entstand. Heute ist dieses System die Grundlage für pferdefreundliches Kutsche fahren in Deutschland und wurde sogar in die Turnierordnung mit aufgenommen. Auch in anderen Teilen Europas ist das Achenbach-System die meistgelehrte Methode im Fahrsport.
Die sieben Grundsätze des Achenbach-Systems
- Zum korrekten Fahren gehören die richtige Achenbachleine, Peitsche und feste Bracke.
- Auf korrektem Ein- und Zweispännig-Fahren ist das Vier- und Mehrspännig-Fahren aufgebaut. Umlernen ist nicht nötig.
- Die rechte Hand ist jederzeit frei zum Grüßen, Bremsen, Peitschengebrauch und Geben von Fahrtrichtungszeichen.
- Die senkrechte Stellung beider Hände ermöglicht Wendungen lediglich durch Drehung der Handgelenke.
- Alle Wendungen werden nur durch Nachgeben mit der äußeren Leine und Verkürzen des Tempos eingeleitet.
- Rechts- und Linkswendungen sind grundsätzlich verschieden und werden deshalb auch verschieden gefahren.
- Das Durchgleiten lassen einer oder mehrerer Leinen macht korrektes Fahren unmöglich, ist im Straßenverkehr gefährlich und deshalb verboten.
Anspannungsarten
Der Begriff Anspannungsarten beschreibt zum einen die Anzahl und Position der Fahrpferde, die vor die Kutsche gespannt werden. Zum anderen versteht man darunter aber auch die Kombination von Fahrstil mit passendem Gefährt und Geschirr sowie die Art, wie die Pferde an den Wagen angespannt werden. Folgende Anspannungsarten gehören zu den gängigsten:
Einspänner
Ein Pferd zieht die Kutsche allein, wobei der Wagen zwei oder vier Räder haben kann.
Zweispänner
Zwei Pferde ziehen nebeneinander einen Wagen mit zwei oder vier Rädern.
Dreispänner/Troika
Drei Pferde ziehen nebeneinander einen Wagen mit vier Rädern – auch Kalesche genannt.
Dreispänner/Einhorn
Beim sogenannten Einhorn ziehen zwei Stangenpferde und ein Vorderpferd einen Wagen mit vier Rädern.
Vierspänner
Zwei Stangen- und zwei Vorderpferde ziehen einen Wagen, der sehr prunkvoll sein kann.
Sechsspänner
Drei Reihen aus jeweils zwei Pferden ziehen einen Wagen mit vier Rädern.
Fahrsport: Die Pferde
Grundsätzlich kann jedes Pferd vor die Kutsche gespannt werden. Es gibt jedoch Pferderassen, die besser für den Fahrsport geeignet sind und häufig auch gezielt dafür gezüchtet werden. Hierzu gehören beispielsweise Freiberger, Traber, Friesen, Shetlandponys und Clydesdales. Wichtig sind vor allem eine kräftige Statur und schräge Schultern, damit das Geschirr gut sitzt und das Pferd sich ausdrucksstark bewegen kann. Beim Dressurfahren sind zudem elastische Grundgangarten gern gesehen.
Noch wichtiger als der Körperbau ist der Charakter des Tieres. Ausgeglichenheit und Ruhe zeichnen ein gutes Fahrpferd aus, wobei dennoch ein ausgeprägter Arbeitswille und Vorwärtsdrang vorhanden sein sollte.
Ist das Pferd zu nervös und schreckhaft, kann es schnell zu Unfällen kommen. Achte also genau auf das Verhalten deines Vierbeiners, bevor du ihn einfährst.
Ausbildung zum Fahrpferd
Hast du ein Pferd gefunden, das sich für den Fahrsport eignet, kannst du behutsam mit der Ausbildung beginnen. Bevor du deinen Vierbeiner jedoch vor die Kutsche spannst, solltest du ihn erst einmal darauf vorbereiten und langsam an die Ausrüstung gewöhnen. Er darf keine Angst vor dem Geschirr haben und muss es sich problemlos an- und ausziehen lassen. Erst wenn er sich wohl und sicher damit fühlt, kannst du den nächsten Schritt angehen.
Stellt das Geschirr kein Problem mehr dar, solltest du deinem Pferd die Hilfengebung für das Fahren beibringen. Hierfür eignet sich gut eine Doppellonge, denn damit kannst du dein Tier mit den Leinen auf dem Rücken und an den Seiten vertraut machen. Zudem kannst du Tempowechsel, Übergänge, Lenken und Wenden üben. In unserem Blogbeitrag „Doppellonge: Vielseitiges Training für Pferd & Reiter“ erfährst du mehr über diese Art des Longierens.
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Zum ProduktWenn die Hilfengebung sicher sitzt, ist die Desensibilisierung der nächste Schritt. Ziel ist es, dass sich das Pferd an Lärm gewöhnt und ohne Probleme etwas hinter sich herziehen kann. Zunächst wird hierfür eine Schleppe genutzt, an welcher du beispielsweise einen Autoreifen befestigen kannst. Funktioniert es mit dieser gut, kannst du das Training steigern, indem du einen Einfahrwagen verwendest. Dieser hat den Vorteil, dass er durch die kleinen, breiten Räder nicht umkippen kann.
Achte darauf, dass bei den ersten Übungseinheiten immer ein Helfer dabei ist, der dein Pferd beruhigt und gleichzeitig dafür sorgt, dass es vorwärtsläuft. Sollte dein Tier doch einmal in Panik geraten, kann eine helfende Hand verhindern, dass es sich in den Leinen verfängt und sich dabei verletzt. Auch ein erfahrenes Fahrpferd kann eine Stütze beim Einfahren sein, da es Sicherheit gibt und dem unerfahrenen Pferd zeigt, was seine Aufgabe ist.
In jedem Fall solltest du während der Fahrausbildung folgende Ziele verfolgen: Durchlässigkeit, Kraft und Wendigkeit des Pferdes verbessern sowie feine und präzise Kommunikation zwischen Pferd und Fahrer herstellen. Das Tier muss von Anfang an lernen, dass es selbständig, locker und schwungvoll vorwärtsläuft und sich im Laufe der Zeit vor der Kutsche geraderichtet.
Nur unter diesen Voraussetzungen erreichst du eine feine Führung des Pferdes mit minimaler Hilfengebung. Das bedeutet, dass die Punkte der Ausbildungsskala – Takt, Losgelassenheit, Anlehnung, Schwung, Geraderichten, Versammlung – neben dem Reitsport auch für den Fahrsport wegweisend sind. Mehr über dieses Thema kannst du in unserem Blogbeitrag zur Skala der Ausbildung nachlesen.
Disziplinen
Im Fahrsport gibt es sechs verschiedene Disziplinen:
- Dressurfahren: Diese Disziplin ist ähnlich wie das Dressurreiten aufgebaut. Der Fahrer muss eine vorgegebene Dressuraufgabe, bestehend aus Hufschlagfiguren und Tempowechseln, fahren. Die Richter bewerten den Ausbildungsstand des Pferdes, ob die Lektionen korrekt ausgeführt werden, den Fahrstil und den Gesamteindruck mit einer Note zwischen 0 und 10.
- Geländefahren/Marathonprüfung: Hierbei muss der Fahrer mit der Kutsche eine Geländestrecke überwinden, auf welcher Hindernisse, Wasserstellen und Labyrinthe verteilt sind. Die Strecke besteht aus drei bis fünf Teilstrecken, die insgesamt bis zu 18 Kilometer lang sein können.
- Hindernisfahren/Kegelfahren: Bei dieser Disziplin ist Geschicklichkeit von Fahrer und Pferd, Schnelligkeit sowie Durchlässigkeit und Gehorsam gefragt. Ziel ist es, dass das Fahrer-Pferd-Gespann einen Parcours aus Kegeln möglichst schnell ohne Hindernisfehler absolviert. Ein Hindernis besteht immer aus zwei Kegeln, die 20 bis 50 cm breiter als die Kutsche auseinanderstehen. Jeder Parcours darf aus maximal 20 Kegelpaaren bestehen. Auf jedem Kegel liegt ein Ball, der bei Berührung herunterfällt, was dann als Hindernisfehler angerechnet wird. Ebenso zählt es als Fehler, wenn der gesamte Kegel umfällt oder die erlaubte Zeit überschritten wird.
- Distanzfahren: Der Fahrer muss eine vorgegebene Strecke zwischen 25 und 160 Kilometern in einer möglichst kurzen Zeit zurücklegen. Zwischendurch wird immer wieder eine Pause eingelegt, in der sich das Pferd erholen kann und von einem Tierarzt untersucht wird.
- Orientierungsfahren: Die Disziplin besteht aus zwei Teilprüfungen – eine Orientierungsfahrt mit Tempovorgabe und eine Geländefahrt.
- Traditionsfahren: Im Fokus dieser Disziplin steht die Erinnerung an die Blütezeit des Fahrsports Anfang des 20. Jahrhunderts. Die teilnehmenden Gespanne präsentieren sich einer Jury und absolvieren anschließend einen Parcours mit verschiedenen Hindernissen. Oft gibt es als Abschluss noch eine Spazierfahrt durch die Natur.
Auf Fahrturnieren werden meistens die Disziplinen Dressur-, Gelände- und Hindernisfahren ausgeschrieben. Die Fahrer haben die Möglichkeit, diese einzeln oder als kombinierte Prüfung werten zu lassen. Bei Letzterem werden, wie in der Vielseitigkeit, die Ergebnisse aus allen Teilprüfungen zusammengezählt und der Fahrer mit dem besten Endergebnis gewinnt. Das Herzstück der meisten Teilnehmer ist das Hindernisfahren, da es für Action sorgt und den Adrenalinspiegel nach oben schnellen lässt.
Unterteilt wird auf den klassischen Turnieren in Ein-, Zwei- und Vierspänner sowie Tandems. Teilnehmen dürfen Ponys und Pferde, wobei der Schwierigkeitsgrad für beide identisch in den einzelnen Klassen ausgeschrieben ist. Die Klassen staffeln sich in E, A, M und S. Auf die Klasse L und Leistungsklasse 4 wird im Fahrsport verzichtet.
Ausrüstung im Pferdefahrsport
Für den Fahrsport musst du wie beim Reiten gut ausgestattet sein. Sei dir darüber im Klaren, dass du mit hohen Kosten für die Ausrüstung rechnen musst, selbst wenn du nur im Freizeitbereich Kutsche fahren möchtest. Wir haben eine Checkliste für dich erstellt, damit du sicher im Fahrsport mit der Kutsche unterwegs bist.
Checkliste
Fazit
Der Fahrsport ist eine beliebte Freizeitbeschäftigung mit dem Partner Pferd, aber auch sehr anspruchsvoll. Wie auch beim Reiten sind umfassende Grundkenntnisse nötig. Damit du sicher in der Natur und vor allem im Straßenverkehr unterwegs bist, solltest du eine Fahrausbildung absolvieren. Der Kutschenschein und das Fahrabzeichen sind zwar nicht immer verpflichtend, jedoch für jeden, der Kutsche fahren möchte, empfehlenswert. Hierbei bekommst du viel theoretisches und praktisches Wissen an die Hand, welches für das Fahren einer Kutsche sinnvoll und nützlich ist.
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