Könntest du dir vorstellen, mit einem fehlenden Arm oder einer Sehbehinderung eine Dressuraufgabe zu reiten? Was für uns eine große Hürde darstellen würde, ist für die Athletinnen und Athleten im Behindertenreitsport ganz normal. In der Para-Dressur messen sie sich sogar bei den Weltmeisterschaften und Paralympics Reiten. In diesem Blogbeitrag erhältst du allgemeine Infos zum Para-Reiten, die Entwicklung der Para-Dressur, wie die Grades (Wettkampfklassen) definiert werden und die Bedeutung des Sportgesundheitspasses.
Para-Reiten – Vom Breitensport bis zur paralympischen Disziplin
Para-Equestrian (internationale Bezeichnung für „Reiten für Menschen mit Behinderung“) ist eine der wenigen Sportarten, welche die gemeinsame Ausübung zusammen mit Nichtbehinderten ermöglicht. Der Partner Pferd ist dabei das verbindende Element. Besonders im Breitensport erfährt das Para-Reiten viel Zulauf. Durch die Unterstützung des Deutschen Kuratoriums für Therapeutisches Reiten e.V. (DKThR) wird Inklusion im Para-Pferdesport großgeschrieben und gewinnt immer mehr an Bedeutung.
Doch nicht nur im Freizeitbereich sind die Reitsportlerinnen und -sportler mit Behinderung aktiv. Sie nehmen auch regelmäßig an Turnieren teil, sowohl an nichtbehinderten als auch an speziellen Behindertenturnieren. Para-Equestrian ist nämlich seit 2006 die achte Disziplin unter dem Dach des Weltreiterverbandes (FEI) und ist dadurch gleichberechtigt zu allen anderen Disziplinen des Pferdesports.
Bisher ist die Para-Dressur und das Para-Fahren dort vertreten, während beispielsweise die Springreiter mit Handicap noch darum kämpfen.
Verwechseln darfst du das Para-Reiten nicht mit dem therapeutischen Reiten. Jedoch fördern viele entsprechende Einrichtungen den Übergang von einer Therapie in den Pferdesport. Wenn du dich genauer für das Thema Reittherapie interessiert, kannst du dir gerne unseren Blogbeitrag dazu durchlesen.
Behindertenreiten als Leistungssport – Was ist Para-Dressur?
Damit alle Reiterinnen und Reiter mit Handicap die gleiche Chance auf den Behindertenturnieren haben, werden sie nach der Schwere ihrer Behinderung in sogenannte „Grades“ eingeteilt. Was genau das ist und welche Grades es gibt, erklären wir weiter unten.
Die Paralympics Dressage als anerkannte Disziplin gibt es bereits seit 1996. Bis zum Jahr 2000 wurde den Para-Reiterinnen und -Reitern jedoch immer ein Fremdpferd des Gastgeberlandes zugelost. Erst seit den Paralympics 2004 in Athen dürfen sie mit ihren eigenen Pferden die Prüfung reiten. Die reiterlichen Leistungen sowie die Qualität der Tiere sind dadurch erheblich gestiegen.
2010 wurde der Pferdesport dann Vorreiter in Bezug auf die Integration des Behindertensports: Bei der Weltmeisterschaft in Lexington/Kentucky wurden zum ersten Mal Prüfungen in allen acht Disziplinen (Dressur, Springen, Vielseitigkeit, Fahren, Voltigieren, Reining, Distanzreiten und Para-Dressur) ausgerichtet.
Beurteilt werden in den Prüfungen vor allem das korrekte Reiten, die Einwirkung, Linienführung sowie die Losgelassenheit des Pferdes. Neben den vorgegebenen Aufgaben ist es in allen Startklassen möglich, in der Kür auch höhere Lektionen zu zeigen. Damit die Sicherheit dennoch gewährleistet ist, gibt es bestimmte Regeln. Sportlerinnen und Sportler in Grade III dürfen beispielsweise keine Galopppirouetten reiten, Traversalen sind hingegen erlaubt.
Die Richter sehen sich während der Prüfung genau an, wie das Pferd läuft und können so die Einwirkung des Reiters erkennen und beurteilen. Die Tiere sind sehr lernwillig und gewöhnen sich schnell an die andere Art der Hilfengebung. Bei den Para-Reitern geht es nicht darum, mit Kraft zu reiten, sondern mit Wissen und Erfahrung. Sie kennen ihre Einschränkungen genau und haben gelernt, ihren Pferden trotzdem zu zeigen, was sie von ihnen wollen.
Definition der Grades im Para-Dressursport
Die Reiterinnen und Reiter der Para-Dressur werden je nach körperlicher Einschränkung in fünf verschiedene Wettkampfklassen (Grades) eingeteilt. Dabei kommt es jedoch nicht auf die Behinderung an, sondern wie stark die Athletinnen und Athleten auf das Pferd einwirken können. Nach der Klassifizierung werden sie in einen der Grades eingeteilt, für welche jeweils eigene Aufgaben existieren.
Wir erklären dir, welcher Grade wofür steht:
Grade I
Da die Reiterinnen und Reiter in dieser Kategorie schwerste Behinderungen haben, werden die Prüfungen ausschließlich im Schritt geritten. Die meisten sind auf den Rollstuhl angewiesen, wenn sie nicht auf dem Pferd sitzen, da sie eine schlechte Rumpfbalance haben und die Arme oder Beine nicht voll funktionsfähig sind. Fehlt die Rumpfbalance oder Koordinationsfähigkeit komplett, aber die Armfunktion ist gut, dürfen sie trotzdem starten.
Grade II
Hier starten auch viele Rollstuhlfahrer, deren Rumpfbalance sowie Bein- und Armfunktionen nicht wie in Grade I mangelhaft, sondern lediglich stark eingeschränkt sind. Geritten werden die Prüfungen größtenteils im Schritt und ein paar Lektionen im Trab.
Grade III
Grade III sind ebenfalls häufig Rollstuhlfahrer mit eingeschränkter Beinfunktion und/oder Rumpfbalance zugeordnet, jedoch mit guten bis leicht behinderten Armfunktionen. Auch Menschen, die einseitig in Arm, Bein oder Rumpf beeinträchtigt sind, dürfen in dieser Wettkampfklasse starten. Die Lektionen bestehen aus Schritt und Trab, wahlweise dürfen die Sportlerinnen und Sportler in der Kür auch galoppieren.
Grade IV
In dieser Klasse kommen die verschiedensten Handicaps zusammen. Die Athletinnen und Athleten haben Behinderungen an den Gliedmaßen, können aber ohne Unterstützung gehen. Zudem dürfen in Grade IV auch blinde sowie mental eingeschränkte Menschen starten. Vergleichbar ist das Niveau der Prüfung mit einer normalen L-Dressur, es sind also Schritt-, Trab- und Galopptouren dabei.
Grade V
In Grade V starten Reiterinnen und Reiter mit Behinderungen in einer oder zwei Gliedmaßen. Es fehlen ihnen also beispielsweise eine Hand, Teile einer Hand oder ein Unterschenkel. Auch Menschen mit eingeschränkter Sehfunktion sind hier startberechtigt. Die Aufgabe gleicht einer L- und M-Dressur im „Regelsport“. Sie besteht also aus Schritt, Trab und Galopp in verschiedenen Tempi, Seitengängen, 3er- und 4er-Wechseln sowie halben Galopppirouetten. Piaffen und Passagen sind jedoch ausgeschlossen.
Der Sportgesundheitspass für das Behindertenreiten
Damit Menschen mit einer Behinderung an Wettkämpfen teilnehmen können, müssen sie sich einer Sportuntersuchung unterziehen. Hierbei werden alle Diagnosen, Befunde und Medikamenteneinnahmen dokumentiert, damit die Betreuung durch die Turnierärzte ohne Probleme und unnötige Rückfragen verlaufen kann.
Sportlerinnen und Sportler, die aufgrund ihrer Behinderung sogenannte kompensatorische (besondere) Hilfsmittel beim Reiten benötigen, müssen über einen Sportgesundheitspass verfügen. In diesen werden die Hilfsmittel eingetragen. Sowohl auf Behindertenturnieren als auch im normalen Regelturniersport ist der Sportgesundheitspass gültig. Zudem ist es möglich, ohne den Pass auf Regelturnieren zu starten, jedoch dürfen die kompensatorischen Hilfsmittel dann nicht genutzt werden.
Kompensatorische Hilfsmittel
In erster Linie schreibt die LPO (Leistungsprüfungsordnung) vor, welche Ausrüstung für Reiter und Pferd bei Wettkämpfen für Menschen mit Behinderungen erlaubt sind. Auf Turnieren nach LPO und WBO sowie bei Prüfungen nach APO dürfen Reiterinnen und Reiter mit Handicap aber auch kompensatorische Hilfsmittel verwenden, welche im Sportgesundheitspass eingetragen sein müssen. Da diese eventuell von den Vorgaben abweichen, sind sie vorher von den Richtern zu prüfen. Wichtig ist, dass die Hilfsmittel nicht die Rittigkeit des Pferdes beeinflussen oder den Para-Reitern weitere Vorteile gegenüber den anderen Teilnehmern verschaffen.
Beispiele für kompensatorische Hilfsmittel:
- Stimme
- Damensattel
- Spezialsattel mit Pauschen
- Riemen am Sattel oder Vorderzeug
- Gummiriemen um den Steigbügel/Fuß
- 2 Gerten (bei einem kürzeren Arm auch mit Überlänge)
- Spezialzügel
- Arm- oder Beinfixierungen bei Lähmungen
- Gruß nur mit Kopf
Kompensatorische Hilfsmittel können nur gegen die Vorlage des originalen Sportgesundheitspasses genutzt werden. Sind diese nicht im Pass eingetragen, ist eine Verwendung nicht zulässig.
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