Der Begriff Narkolepsie ist den meisten unter einer Schlafstörung bei Menschen und Hunden bekannt. Über Narkolepsie bei Pferden ist bisher nur wenig bekannt und die Forschung steht noch am Anfang. Betroffene Pferde knicken in Ruhesituationen ein und stürzen unkontrolliert auf die Karpalgelenke oder mit dem ganzen Körper auf den Boden. In vielen Fällen wird die Narkolepsie jedoch mit einem REM (Rapid-Eye-Movement)-Schlafmangel verwechselt. In diesem Beitrag erfährst du, was man unter einer Narkolepsie beim Pferd versteht, was sie verursacht, welche Symptome auftreten und wie die Krankheit diagnostiziert wird. Zudem erklären wir dir den Unterschied zwischen Narkolepsie und dem REM-Schlafmangel.
Was versteht man unter Narkolepsie?
Narkolepsie ist eine chronische-neurologische Gehirnerkrankung. Laut Fallberichten aus der Literatur treten bei betroffenen Pferden Kataplexien, also kurzzeitige Verluste des Muskeltonus ohne Bewusstseinstrübung, auf. Dabei geraten die Tiere ins Schwanken, Taumeln und Stolpern oder brechen komplett zusammen. Ausgelöst werden die Kataplexien meist durch Aufregung oder andere Emotionen – negative wie positive. Das können auch ganz banale Dinge wie Bürsten, Streicheln, Füttern oder das Führen auf die Koppel sein.
Narkolepsie beim Pferd kommt selten vor und tritt meistens schon im Fohlenalter auf. Folgende Rassen bzw. Gruppen scheinen häufiger davon betroffen zu sein:
- Suffolk
- Islandpferd
- Shetlandpony
- Fell-Pony
- Lipizzaner
- Miniature Horse
- Warmblut
Achtung
In vielen Fällen wird fälschlicherweise ein ausgeprägter REM-Schlafmangel als Narkolepsie bezeichnet.
Narkolepsie vs. REM-Schlafmangel - die Pseudonarkolepsie bei Pferden
Wie für uns Menschen trägt genügend Schlaf auch für das Pferd zur Gesundheit und zum Wohlergehen bei. Dabei unterteilt sich das Schlafmuster der Tiere in unterschiedliche Schlaf- und Wachphasen. Während sie insgesamt etwa 5-9 Stunden pro Tag ruhen, dösen oder schlafen, beträgt die reine Schlafzeit in der Nacht 3-4 Stunden. Davon sind sie ca. eine Stunde im Leichtschlaf, zwei Stunden im Tiefschlaf und 30 Minuten in der REM-Schlafphase (auch Traumschlaf). Die Einteilung in mehrere kurze Abschnitte ist für das Pferd als Beute- und Fluchttier wichtig, da es durch Angreifer gefährdet ist.
In der REM-Schlafphase sinkt die Muskeltonusaktivität und es finden schnelle, gegenläufige Augenbewegungen statt. Aus diesen Gründen kann der REM-Schlaf nur stattfinden, wenn das Pferd in Brustlage mit aufgestütztem Kopf oder in kompletter Seitenlage liegt. Diese Phase ist zwar die kürzeste, aber essenziell, um die Gesundheit und Leistungsfähigkeit aufrecht zu erhalten. Es sind Nächte ohne REM-Schlaf möglich, bleibt dieser jedoch dauerhaft aus, kann es zu schwerwiegenden Folgen kommen. Da sich die Symptome zur Narkolepsie stark ähneln, wird der REM-Schlafmangel oft auch als Pseudonarkolepsie beim Pferd bezeichnet.
Fühlt sich ein Pferd unwohl und unsicher in seiner Umgebung, kann es nicht entspannen und legt sich auch nicht hin. Das kann sowohl in Einzel- als auch in Gruppenhaltung vorkommen. In der Gruppe betrifft es entweder die rangniedrigen Pferde, die sich vor den anderen schützen wollen, oder ranghöhere Tiere, die aufgrund ihres Kontrollverhaltens nicht zur Ruhe kommen. Dies führt automatisch zu mehr Stress und stört somit den Schlafrhythmus.
Die ersten Anzeichen und Ursachen einer Pseudonarkolepsie
Folgende Symptome des Schlafmangels bei Pferden lassen auf eine Pseudonarkolepsie schließen: Ein dösendes Pferd mit gesenktem Kopf über dem Boden, welches nach kurzer Zeit immer mehr mit den Vorderbeinen einknickt oder sogar komplett zusammensackt. Hinzu kommen noch Verletzungen an den Fessel-, Karpal- oder Sprunggelenken sowie am Kopf. Meist wird das beschriebene Verhalten beobachtet, sobald es ruhig im Stall ist. Betroffene Pferde durchlaufen diesen Zyklus immer wieder, da sie sich zum Schlafen nicht ablegen. Oft stützen sie ihren Kopf auch auf der Boxentür ab oder lehnen sich gegen die Wand, um das „Nicht ablegen wollen“ zu kompensieren.
Eine mögliche Ursache des REM-Schlafmangels kann zum Beispiel die Einstreu bzw. Liegefläche sein. Zu wenig oder nasse Einstreu kann dazu führen, dass sich das Pferd nicht hinlegt. Die Liegefläche muss außerdem groß genug sein – die Formel dafür lautet: Liegefläche = (2 x Widerristhöhe)². In einer Gruppenhaltung sollte sie das Doppelte bis Dreifache aufweisen. Als Einstreu eignet sich Stroh besser als Holzspäne, wie in Untersuchungen festgestellt wurde. Ist die Box mit Gummimatten ausgelegt, müssen diese zumindest minimal mit Stroh bedeckt sein.
Ein weiterer Auslöser einer Pseudonarkolepsie können Schmerzen im Bewegungsappart beim Hinlegen oder Aufstehen sein, zum Beispiel Arthrose, akute Gelenksentzündungen oder Rückenprobleme beim Pferd. Auch Schmerzen im Brust- und Bauchbereich führen oft dazu, dass sich das Pferd nicht mehr ablegt. Merkt das Tier, dass es schlecht zum Liegen kommt und/oder lange braucht, um wieder hochzukommen, wird es das Schlafen irgendwann meiden.
Auch eine unsichere Umgebung führt dazu, dass sich das Pferd nicht entspannt ablegen kann. Dies kann beispielsweise durch glatte und nicht trittsichere Böden, laute Geräusche oder aggressive Pferde in der Herde hervorgerufen werden. Ein längerer Aufenthalt an einem ungewohnten Ort wie in einer Klinik oder einem neuen Stall kann ebenso zu einem Schlafmangel führen, da sich das Pferd dort unsicher fühlt.
Wir haben euch die Unterschiede einer Narkolepsie beim Pferd und einem REM-Schlafmangel (Pseudonarkolepsie) auf einen Blick zusammengestellt:
Narkolepsie | REM-Schlafmangel |
---|---|
Chronische Schlafstörung | Schlafmangel |
Kommt selten vor | Ähnliche Symptome wie bei Narkolepsie |
Tritt schon im Fohlenalter auf | Meist Pferde über 15 Jahren betroffen |
Ausgelöst durch emotionale Situationen | Ausgelöst durch Schmerzen, falsche Einstreu/Haltung, unsichere Umgebung |
Normales Schlafverhalten nachts | Wenig oder kein Schlaf im Liegen |
Rasse-assoziiert und vererbbar | Tritt in Ruhephasen auf |
Tagesschläfrigkeit | Normales Wälzverhalten |
Einknicken der Vorderbeine | Kann leichter behandelt werden |
Pseudonarkolepsie beim Pferd behandeln
Bei einer Pseudonarkolepsie gibt es Möglichkeiten, aktiv etwas zu unternehmen, um dem anhaltenden Schlafmangel entgegenzuwirken:
- Obwohl die Gruppenhaltung die Bedürfnisse der Pferde generell besser erfüllt, ist sie nicht für alle geeignet. Ist die Stressbelastung zu hoch, sollte das Pferd in einer einzelnen Box gehalten werden. Die freundlichste Variante ist hierbei die Paddockbox.
- Die Liegefläche sollte im besten Fall doppelt oder dreifach so groß sein, wie es die Leitlinien vorschreiben.
- Ist die Box mit einer Gummimatte ausgelegt, muss diese zumindest mit etwas Stroh bedeckt sein.
- Da in Studien festgestellt wurde, dass sich Pferde lieber auf Stroh ablegen, ist dieses der Holzspäne vorzuziehen.
- In einem Offen- oder Aktivstall ist ein besonderes Augenmerk auf die Gruppenzusammenstellung zu richten. Zu viele Wechsel der Pferde können für Unruhe sorgen und aggressive Tiere sollten aus der Gruppe entfernt werden.
- Am Stall ist ein halbwegs geregelter Tagesablauf empfehlenswert, beispielsweise Stallruhe in der Nacht zu einer bestimmten Uhrzeit.
- Stressfaktoren begünstigen den REM-Schlafmangel und sollten deshalb vermieden werden. Hierunter zählen Stallwechsel, wechselnde Boxennachbarn, Turniere und wechselnde Gruppenzusammenstellung.
- Ist der Auslöser für den Schlafmangel noch nicht gefunden, sollten Verletzungen durch die Stürze verhindert werden. Hier helfen zum Beispiel eine dicke Strohschicht, gepolsterte Boxenwand oder Stallgamaschen für die Pferdebeine.
Die Symptome einer Narkolepsie
Die Symptome der Narkolepsie beim Pferd werden in vier Kategorien unterteilt:
- Schlafzwang: Das Pferd ist ununterbrochen müde, egal ob es ruhig in der Box steht oder sich bewegt. Es kann jederzeit einfach einschlafen. Dabei kann der Schlaf wenige Sekunden oder aber auch mehrere Minuten dauern. Das Pferd hat keinerlei Kontrolle über Ort und Zeit des Einschlafens.
- Kataplexie: Da es zu einem Kontrollverlust der Muskulatur kommt, knickt das Pferd mit den Vorderbeinen ein und stürzt im schlimmsten Fall komplett zur Seite. Schwere Verletzungen an Karpal-, Fessel- und Sprunggelenken sowie am Kopf sind die Folge. Auch die Schulterknochen können verletzt und die Halswirbel verrenkt werden. Trotz geschlossener Augen ist das Tier die ganze Zeit über bei vollem Bewusstsein.
- Störung des Schlafrhythmus: Im Normalfall nimmt die REM-Schlafphase etwa ein Viertel des gesamten Schlafs ein. Bei einem Pferd mit Narkolepsie wird die REM-Phase vorgezogen und stark verkürzt. Man spricht dann von einem SOREM (Sleep onset REM). Dadurch tritt auch der traumlose Schlaf früher ein und das gesamte Schlafverhalten wird gestört.
- Schlaflähmung: Beim Einschlafen oder Aufwachen kann das Pferd verschiedene Muskelpartien nicht mehr bewegen. Die Ursache für diese „Lähmung“ ist eine Erhöhung des Natriumspiegels im Blut durch einen defekten Natriumkanal. Dadurch kommt es zu einer Überversorgung und die Muskeln sind unkontrolliert entspannt. Um den Blutzuckerspiegel wieder in den Normalbereich zu bringen, hilft ein leichtes Klopfen auf den Hals, denn dabei werden Stresshormone freigesetzt.
Narkolepsie beim Pferd: Ursache
Eine allgemeingültige Ursache für Narkolepsie beim Pferd gibt es bis heute nicht. Einige Wissenschaftler vertreten verschiedene Hypothesen, wobei sich jedoch alle einig sind, dass es sich dabei um eine Nervenkrankheit handelt. Im Gehirn liegen funktionelle Störungen vor, bei welcher der Botenstoff Hypocretin zur Schlafsteuerung nicht mehr gebildet werden kann und somit eine neurologische Schlaf-Wach-Störung hervorruft.
Narkolepsie beim Pferd: Diagnose
Um eine Diagnose zu stellen, sollten erst einmal alle anderen Ursachen durch gründliche klinische und labortechnische Untersuchungen ausgeschlossen werden. Einen Kollaps können nämlich beispielsweise auch Elektrolyt-Ungleichgewichte auslösen. Eine durchgehende Videoüberwachung und Aufzeichnung des Schlafverhaltens in einer Klinik sind notwendig, um den Auslöser zuverlässig identifizieren zu können. Durch Provokationstests kann die Verdachtsdiagnose dann bestätigt werden. Bei den Tests bekommt das Pferd Medikamente, die einen Anfall entweder unterdrücken oder auslösen.
Was tun bei Narkolepsie beim Pferd?
Da Pferde mit Narkolepsie unkontrolliert und unkoordiniert stürzen, verletzen sie sich entsprechend häufig. Neben offenen Wunden an den Gelenken treten auch immer wieder Lahmheiten auf. Meistens wundert sich der Besitzer über die Verletzungen und vermutet Tritte oder Ähnliches dahinter, da er die Kollapse nicht selbst miterlebt. Besonders gefährlich wird es jedoch auch für den Menschen, wenn er neben dem Pferd steht und dieses plötzlich zusammensackt und umfällt.
Narkolepsie beim Pferd: Behandlung
Bei einer Narkolepsie beim Pferd ist eine Therapie nur in den wenigsten Fällen erfolgreich, denn grundsätzlich ist die Krankheit nicht heilbar. Die Behandlung mit Medikamenten ist schwierig, da diese schlimme Nebenwirkungen nach sich ziehen kann. Es kann vorkommen, dass die Stärke und Dauer der narkoleptischen Anfälle bei Fohlen mit der Zeit abnimmt und sich die Symptome auch ohne Therapie bessern oder sogar ganz ausbleiben.
Ein Therapieansatz aus der Humanmedizin ist das Antidepressivum Imipramin. In einer Studie wurde bei zwei Fohlen beobachtet, dass die exzessive Schläfrigkeit am Tag dadurch zwar nachgelassen hat, die durch Emotionen ausgelöste Kataplexie jedoch nicht verhindert werden konnte. Besonders wichtig bei diesem Medikament ist die richtige Dosierung, denn wird zu viel verabreicht, kann es zu schwerwiegenden Nebenwirkungen wie Muskelzittern, Herz-Kreislauf-Probleme, Koliken oder Geräuschhypersensibilität kommen.
Falls die Therapie bei betroffenen Pferden anschlägt, sind sie für ihr restliches Leben auf das Medikament angewiesen, welches dreimal am Tag über das Maul verabreicht werden muss. Es kann aber auch sein, dass die Therapie gar nicht hilft oder die Symptome nicht ausreichend eindämmt, sodass sich das Pferd nicht sicher auf den Beinen halten kann. Eine alternative Behandlung oder Vorbeugung gibt es leider nicht.
Bei einem Pferd, welches nur an einem leichten Grad der Krankheit leidet, hilft es oft schon, jegliche Stresssituation zu vermeiden sowie für möglichst viel Ruhe und Entspannung zu sorgen. Liegt Narkolepsie bei einem Pferd im Offenstall vor, sollte das Tier zumindest nachts in eine Box gebracht werden. So kann es besser zur Ruhe kommen und hat auch die Möglichkeit, einen ruhigen Schlaf zu finden.
Fazit
Abschließend ist zu sagen, dass eine Narkolepsie beim Pferd in den meisten Fällen mit einem REM-Schlafmangel, also einer Pseudonarkolepsie, verwechselt wird. Ein Pferd kann die Leicht- und Tiefschlafphasen zwar auch im Stehen durchlaufen, den REM-Schlaf jedoch nur im Liegen. Fehlt dieser dauerhaft, ist die Gesundheit des Vierbeiners stark beeinträchtigt. Sind dir schon einmal Verletzungen am Fesselkopf oder Vorderfußwurzelgelenk aufgefallen, ist eine 24-Stunden-Videoüberwachung und Rücksprache mit dem Tierarzt empfehlenswert. Durch frühzeitige Maßnahmen kannst du deinem Pferd das Leben und den Schlafrhythmus erleichtern sowie das Wohlfühlgefühl zurückgeben.
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