„Heute kommt der Chiropraktiker, morgen kommt der neue Sattel, übermorgen kommt der Akupunkteur und am Tag darauf haben wir extra jemanden aus der Antarktis einfliegen lassen. Den hat mir die Ingrid empfohlen – der bekommt alle Pferde durch Handauflegen zum Laufen!“ Gespräche dieser Art lassen sich mittlerweile zuhauf auf diversen Reitanlagen belauschen. Aber ist es wirklich das Allheilmittel, Fehler in der Fütterung, dem Equipment oder der Haltung zu suchen, bevor man sich selbst hinterfragt?
Aus dem Leben der Reiter: Reiten statt nörgeln
Klar, das richtige und gutsitzende Equipment ist wichtig, denn das Pferd soll definitiv keine Schmerzen ertragen müssen. Aber nicht jeder Reiter, der gerade den Sprung von A zu L wagt, benötigt zwei maßgefertigte Sättel für jeweils 3500 Euro aus feinstem iberischem Nappaleder. Wer einmal einem Berufsreiter über die Schulter schaut, wird feststellen: Nicht jedes Pferd hat seine eigene Trense. Zack – Gebiss zwei Loch höher und den Nasenriemen eines tiefer geschnallt, läuft doch! Und nein, auch nicht jedes Pferd hat seinen eigenen Sattel. Hier ein Lammfellpad und da ein Keilkissen, das Teil sitzt! Natürlich ist und bleibt ein Sattel, der perfekt auf den Rücken des Pferdes angepasst wurde, das Non-Plus-Ultra, das lässt sich nicht abstreiten.
Aber ist das Non-Plus-Ultra denn wirklich das, was direkt von allerhöchster Notwendigkeit ist oder das Wohlbefinden des Pferdes so stark beeinflusst, dass es den Vierbeiner – ohne gezieltes Training – durchs Viereck schweben lässt? Springt das Pferd wirklich bedeutend höher, wenn es vorher zwei Nadeln in die Kruppe gesetzt bekommen hat?
Oder reicht es nicht vielleicht, auf einen passenden Sattel mit Korrekturpad zurückzugreifen und sein Geld sinnvollerweise in gute Reitstunden zu investieren? Selbst die weltweit besten Reiter lassen sich zum Teil täglich von ihren Trainern coachen, um durch korrektes Reiten das Beste aus sich und seinem Tier herauszuholen, denn kleine Fehler und Verhaltensmuster etablieren sich schnell und oft unbewusst.
Nicht alle Probleme, vor die ein Mensch mit seinem Pferd gestellt wird, lassen sich durch eine Veränderung des Equipments oder durch einen Physiotherapeuten beseitigen. Oftmals genügt es einfach, an sich selbst zu arbeiten, um das Pferd korrekt arbeiten zu können und Zeit für eine artgerechte Haltung zu investieren.
Dazu gehört zum einen das altersentsprechende Training, die Gymnastizierung des Pferdes und ein sinnvoller Aufbau der benötigten Muskelgruppen. Zum anderen die Abwechslung, welche dem Pferd im Alltag – in Form von Koppel- oder Paddockgang – ermöglicht werden sollte. Der Trend, alles verändern zu wollen, ohne wirklich Arbeit in das Training zu stecken, geht mittlerweile schon so weit, dass Veränderungen psychosomatisch zwar wahrgenommen werden, in der Realität schlichtweg aber einfach nicht existieren.
„Schau mal, das neue Sattelpad, von dem jeder sagt, es sei so spitze! Wir haben es jetzt auch und siehst du wie schön Horsti jetzt endlich im Rücken loslässt?“ Ähm nein, dein Pferd läuft immer noch mit dem gleichen bananenförmigen Rücken wie vorher. Probier’s doch alternativ mal mit gutem Dressurunterricht!
Das Prinzip der "Dosen-Fütterung"
Ein weiteres Phänomen, welches sich in diesem Zusammenhang beobachten lässt, ist das Prinzip der “Dosen-Fütterung”. Nein, nicht das, was du jetzt denkst. Betroffene Pferde bekommen kein Fertigfutter aus der Dose, ganz im Gegenteil.
Mit dem Futterwagen durch den Stall fahren und eine Schippe Müsli sowie Hafer in den Trog zu geben war gestern. Heute hat jedes zweite der 50 Pferde auf der Reitanlage drei eigenhändig befüllte Tupperware-Dosen vor der Box stehen. Und was dort geboten wird, lässt sich nicht mal im Haushaltsschrank der größten Öko-Übermutter finden: Drei unterschiedliche Sorten Müsli, sieben Kräutermischungen und 20 verschiedene Globuli, gemischt mit der halben Obstabteilung des örtlichen Supermarktes – in mundgerechte Stücke geschnitten, versteht sich. Und ich sage euch, Horsti ist so viel zufriedener, seitdem er regelmäßig seine Kräuter bekommt.
Viel wichtiger ist jedoch, Wert auf eine angepasste Fütterung zu legen, mit der eure Pferde alle wichtigen Vitamine und Mineralstoffe erhalten und vor allem nicht überfüttert werden. Oftmals wird falsch eingeschätzt, wie viel Futter der Vierbeiner wirklich braucht und dann wird sich gewundert, warum die Pferde so frisch unter dem Sattel sind.
Als Lösung wird dann einfach ein schärferes Gebiss reingeschnallt. Oder die Pferde sind nicht spritzig genug, also werden noch weitere Zusätze gefüttert und ergänzend noch das teure Leinöl über das Futter gegeben oder vielleicht doch nochmal ein weiteres extra Sportmüsli gekauft.
Was darauf folgt, kann man sich fast denken. Die Tiere werden kurzzeitig scheinbar fitter, aber durch die kurzfristige Energie eigentlich nur hibbelig und auf lange Sicht vor allem eines: fett und träge. Muskel und Konditionsaufbau braucht einfach seine Zeit oder habt ihr schon mal versucht, untrainiert zehn Kilometer zu rennen? Außerdem gibt es nicht nur bei uns Menschen verschiedenen Temperamente und Charaktere und die wenigsten Pferde lassen sich durch Pülverchen XY in den nächsten Olympia-Kracher verwandeln.
Wir wollen hier keinen der aufgelisteten Punkte generalisieren und natürlich können Probleme unter dem Sattel tatsächlich auch durch falsch sitzendes Equipment oder von einer Blockade in Gelenken hervorgerufen werden.
Außerdem gehen auch wir gerne mal den neuesten Trends im Bereich Sattelzeug und Fütterung nach und testen auch mal die von Heidi und – bestimmt auch von Horsti – gehypten Produkte. Das jedoch alles in Maßen sowie mit einem bestimmten Ziel und vor allem so, dass es Sinn macht und die reiterliche Arbeit zielgerichtet unterstützen kann.
Wir möchten euch hiermit nur einen kleinen Denkanstoß geben, das nächste Mal zunächst euch und eure Reitweise bzw. -fähigkeiten zu hinterfragen, bevor an anderen Stellen nach Problemen gesucht wird. Und auch bei der Fütterung gilt: Viel hilft nicht unbedingt immer viel.
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